Hier ist mein Bericht vom letzten Teil Erfurt -> Fulda:
Sonntag 25.10.2020
Nach der Anreise von Bad Neustadt startete ich um 10:20 Uhr am Bahnhof in Erfurt. Da ich den Dom und die Innenstadt schon beim ersten Teil der Reise angesehen hatte, ging ich gleich Richtung Westen zum Stadtausgang auf den gekennzeichneten Weg. Der führt zwischen mehreren Kleingartenanlagen vorbei, so dass der Eindruck entsteht, fast jeder Erfurter hätte einen Kleingarten. (Die Leute mit DDR-Vergangenheit würden wahrscheinlich sagen: eine Datscha.) Es folgten weite Strecken über ebene Feldwege. Auf abgeernteten Kartoffelfeldern lagen noch viele Kartoffeln herum. Da brauchte Keiner Hunger zu leiden. In Gotha waren die Kirchen geschlossen. Mir fiel das reich mit goldenen Verzierungen geschmückte Rathaus auf. Während ich die zusätzliche Stunde durch die Zeitumstellung am Morgen ohne große Wahrnehmung verschlafen hatte, fiel mir auf, dass die Abenddämmerung schon kurz vor 17 Uhr begann. Spaziergänger hatten Bedenken, dass ich in die Dunkelheit käme und sagten mir, dass es viele Wildschweine gebe. Ich habe jedoch auch im späteren Verlauf der Wanderung keine Wildschweine gesehen oder gehört.
Montag 26.10.2020
Die Etappe begann mit dem Weg durch ein Naturschutzgebiet, wo man die angrenzenden Wiesen nicht betreten soll, weil dort Vögel nisten. Die Landschaft wird allmählich abwechslungsreicher. In Hastrungsfeld nutzte ich das Vordach der geschlossenen Kirche, um Frühstückspause zu machen. Denn es regnete seit einiger Zeit. Dann ging es hoch auf die Hörselberge, zunächst auf einer Straße zu einem geschlossenen Restaurant, dann weiter auf Fußwegen, die wegen Regen, gefallenem Laub, Wurzeln und abschüssigem Gelände rutschig waren. Da habe ich mir erst einmal einen Stock geschnitzt. Am Ende des Bergrückens, von dem man bei besserem Wetter wahrscheinlich einen schöneren Ausblick auf den Thüringer Wald gehabt hätte, gelangt man auf einen Fahrradweg, der an der Bahnlinie entlang führt, nach Eisenach. Dann führt der Weg durch den Wald zur Wartburg, wo ich einen Stempel für meinen Ausweis erhielt. Kurz danach gelangte ich auf den Rennsteig, wo ich in einer Schutzhütte übernachtete.
Dienstag 27.10.2020
Auf dem weiteren Weg kam ich durch Wälder, in denen viele Bäume gefällt waren und am Wegrand zum Abholen bereit lagen. Allein mir begegneten zwei große Holztransporter. Wenn man die Rinden der Bäume ansieht, die teilweise schon abgefallen sind, erkennt man, dass die Bäume durch Borkenkäfer abgestorben sind. Dass die Wege durch die Holzerntemaschinen und den Regen in einem für Wanderer nicht idealen Zustand waren, hatte ich ja schon im Vorjahr in Norwegen erfahren. Am frühen Nachmittag erreichte ich Vacha, wo ich einen weiteren Stempel und eine Urkunde für die Wanderung auf dem ökumenischen Pilgerweg erhielt und anschließend meine Lebensmittelvorräte ergänzen konnte. Der weitere führt dann auf einem Fahrradweg zunächst parallel zur B84 und dann auf der Trasse einer ehemaligen Bahnlinie entlang, wo es einen überdachten Rastplatz gibt.
Mittwoch 28.10.2020
Gegen 10 Uhr erreichte ich Bremen in der Rhön. Schon vorher waren mir Feldkreuze mit Korpus aufgefallen, typisch für Gegenden mit katholischer Bevölkerung. Die katholische Kirche im Ort war geöffnet und eine Frau, die gerade die Blumen auswechselte, machte mich darauf aufmerksam, dass unterhalb des Stempels mehrere Flaschen Mineralwasser standen, die für die Pilger vorgesehen seien. Auch Briefe mit Gebeten für die Pilger gab es am Schriftenstand. Geisa, der letzte Ort in Thüringen, liegt im Tal. Bevor man dorthin kommt, hat man einen schönen Ausblick auf das Tal, die verschiedenen Gipfel der Rhön und den auf dem gegenüberliegenden Bergkamm liegenden Point Alpha. Es lohnt sich, dort den aus Schrottteilen zusammengeschweißten Kreuzweg anzusehen. Weil ich nicht wusste, wie der beschilderte Weg weiter ging, bin ich den Weg zurück zur Straße gegangen. (Wir hatten kürzlich ein Bild der 1. Kreuzwegstation dort im Bilderrätsel.) Als ich dann den Zeichen folgte, stellte ich fest, dass ich nur von der letzten Kreuzwegstation 50 m über die ehemalig deutsch-deutsche Grenze hätte gehen müssen, um 2 km zu sparen. Im nächsten Ort in Hessen, Rasdorf, hatte ich Gelegenheit, auf einem Friedhof meine Trinkflasche aufzufüllen. Am Ortsausgang von Hünfeld verzweigt sich der Weg. Der Hauptweg geht in der Nähe der B27 entlang. Auf einer Hinweistafel steht, dass die Alternativroute zwar 1,1 km länger ist, aber es in Sargenzell im Oktober einen Früchteteppich zu besichtigen gibt. Das klang interessant. Deshalb wählte ich diesen Weg.
Donnerstag 29.10.2020
Im Schaukasten an der alten Kirche in Sargenzell stand dann aber, dass der Früchteteppich wegen Corona abgesagt wurde. In Hünfeld stand an der Straße ein Wegweiser mit Fulda 16 km. Der ausgeschilderte Fahrradweg sollte 21 km lang sein. Beide Zahlen bedeuteten, dass ich mich nicht beeilen musste, um meinen Zug in Fulda um 18:49 Uhr zu erreichen. Zu Fuß wird man über Petersberg geleitet. Die Beschilderung ab Vacha ist im Allgemeinen gut, teilweise aber verwirrend. Man nutzt nicht die Möglichkeit, die Wegerichtung nach Santiago durch die Stellung des Gelenks der Muschel anzuzeigen, sondern zeigt die Richtung durch zusätzlich angebrachte Pfeile an. Wenn dann noch andere Wegezeichen am selben Pfahl sind, gehört einige Fantasie dazu, zu erkennen, welcher Pfeil zu welchem Zeichen gehört. Die Verwirrung wird dadurch vergrößert, dass oft sowohl die Markierung in Richtung Santiago als auch die Markierung der Gegenrichtung gleichzeitig sichtbar sind. Aber Jakobspilger sind bekanntermaßen findig. Zum Abschluss besichtigte ich den Dom in Fulda und erhielt im dazu gehörigen Museum meinen letzten Stempel.