Anreise und erste Etappe
Speyer ist Ausgangspunkt vieler Jakobswege nach Westen oder Südwesten. Die nördliche Route führt von Speyer nach Metz über Neustadt a. d. Weinstraße und südlich von Kaiserslautern entlang. Die südliche Route zeichnet einen Weg über Landau, Bad Bergzabern nach Wissembourg. So oder so wäre also Speyer ein guter Ausgangspunkt.
Von dort aus führt die erste Etappe auf beiden Wegen durch flaches Gelände, oft auf Asphalt und verhält sich eher etwas uninteressant. Nach Landau sind es nach den meisten Pilgerführern zwei Etappen mit je ca. 20 Km.
Neustadt könnte man in einer Etappe zwar erreichen, jedoch sah es auf der Karte nach viel Asphalt und eher mäßig interessanter Umgebung aus.
Da für den Tag Sonne, bis 25° C, dann Regen und Gewitter angekündigt war, wäre man auf beiden Strecken ungeschützt unterwegs.
Ich beschloss also von Speyer aus ein Stück mit der Bahn zu fahren und einen anderen Weg zu gehen.
Morgens um 7:00 Uhr startete ich in Mainz mit der Bahn nach Speyer und dort vom Hauptbahnhof zum Dom. Der Dom öffnet um diese Jahreszeit für Besucher um 9:00 Uhr (wenn man die Früh-Messe nicht besucht). Kurz nach 9:00 Uhr betrat ich die fast leere Kathedralkirche. Außer mir noch ein Besucher und eine Küsterin der Diözese. Die Ruhe, ohne den Trubel der Tagestouristen, war ein fast perfekter Start in meine Tag, bevor ich mir den Stempel für meinen Pilgerpass abgeholt habe.
Ich verlies das Domus Deus gefolgt von einer älteren Frau, die ihren elektrischen Rollstuhl vor der Kirche geparkt hatte. Nach wenigen Schritten hatte sie mich - unmotorisiert, neue Schuhe und mit 8 Kg Gepäck auf dem Rücken - eingeholt. Sie erkannte meine Muschel am Rucksack und begann ein Gespräch. Sie erzählte mir von Speyer und von ihrem Mann, der einer der Domrestaurateure war und in den 50ern die Türen und Verschläge am Eingang wieder hergestellt hat. Sehr kurzweilig und interessant. Wir verabschiedeten uns nach ein paar Metern und ich versorgte mich noch mit einem Kaffee plus Frühstück ToGo bevor ich zurück zum Bahnhof ging.
Von dort fuhr ich nach Bad Dürkheim. Ich folgte dem Pfälzer Weinsteig bis nach Deidesheim. Ein ständiges Auf und ab, insgesamt über 1200 Höhenmeter rauf und runter. Am Vortag hatte ich eine spontane Radtour mit Freunden unternommen. Knapp 60 Kilometer - alle mit E-Bike unterwegs, außer mir …
An dieser Stelle ein Merker für's Tagebuch: Radtouren sind als Vorbereitung für Mehrtageswanderungen ungeeignet, besonders wenn man das Handicap "kein E-Bike" hat.
Zugegeben, ich war schon etwas angestrengt als es an diesem Morgen losging. Das Rauf/Runter des Weinsteigs hat meiner Oberschenkelmuskulatur den Rest gegeben.
Zum Glück verlief die Strecke im Wald und daher recht kühl. Die Aussichten waren dafür unglaublich, die Natur mediteran. Irgendwo in der Ferne wurde es schnell dunkel. Einmal muss es auch geregnet haben, aber unter dem Blätterdach habe ich davon nix mitbekommen. Kulturell wurde auch etwas geboten. Mitten im Wald liegen die sogenannten Heidenlöcher, eine alte Festungsanlage die schon von den Kelten genutzt wurde. Man sieht sie erst, wenn man an der alten Toranlage steht.
Als ich bei Deidesheim von der Höhe Abstieg begann, waren meine Wasservorräte, 2 Liter, bis auf einen minimalen Rest aufgebraucht. Mittlerweile näherten sich auch zwei Gewitterfronten hinter mir. Ich musste also schnell zu meiner ersten Unterkunft in Niederkirchen, ein kurzes Stück hinter Deidesheim im Rheintal. Da war nix mit Wasser und Proviant auffüllen. Die Einkaufsmöglichkeiten lagen zu weit von meiner Strecke ab. In der Pension Buscher hatte ich ein Zimmer für 42 €. Eine kleine Flasche Wasser auf dem Zimmer, Tee und Kaffee im Frühstücksraum kostenfrei. Letzte Rettung also in Bezug auf Flüssigkeit. Außerdem jede Menge Informationen vom Wirt.
Zum Beispiel die, dass alle Restaurants, Bars, Straußwirtschaften etc. Montag (dieser Tag) und Dienstag (morgiger Tag) geschlossen haben, weil Ruhetag. Mittlerweile goß es draußen in Strömen und aus dem Tag war überraschend und zu früh Nacht geworden. Naja. Ich war trocken, geduscht und hungrig. Zum Glück hatte ich noch meine Restverpflegung vom Mittag. Die musste dann herhalten. Das Wasserproblem war auch gelöst, also nochmal in die Karten schauen für die morgige Route, Reisetagebuch schreiben, Muskelverspannungen wegdehnen und ab ins Bett.
Strecke: Speyer - Bad Dürkheim - Niederkrichen (Deidesheim)
ca. 23 Kilometer all in
Übernachtung: 42,-€ ;
https://www.pension-buscher.de/