Einstieg in den elsäßischen Jakobsweg: Wissembourg - Strasbourg

Marcel

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Moguntiacum
Hallo zusammen,
hier ein kurzer Bericht über den Anfang des Elsäßischen Jakobsweg begonnen bei Wissembourg.
Wir haben das kurze Stück bis Straßbourg, knapp 80 Km in 4 Tagen begangen.

Zur Vorbereitung:
In die Planung stiegen wir im Januar ein. Da Mai bereits Touristen-Saison im Elsass sein sollte - wollten wir die Unterkünfte dieses mal im Voraus buchen. Das hat nach einigem Hin- und Her auch leidlich funktioniert. Meine Ausrüstung hatte ich um ein paar kleine Teile ergänzt, die mit beim Camino Portugues gefehlt hatten. Anderes fiel der Revision zum Opfer.
Ich gebe dazu bei den Etappen noch ein paar Hinweise und stelle meine geplanten Tracks bei Ralph und Helmut ein.
 

Marcel

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Wissembourg bis Soultz-sous-forets
16.05.2019, ca. 18 Km
Übernachtung in der Pilgerherberge Soultz-sous-forets, 18,-€

Wir haben Wissembourg per Bahn morgens früh angefahren und hatten so noch etwas Zeit für die Stadt. Unser erster Besuch galt der Kirche St. Peter und Paul und war schon das erste Highlight der ersten Etappe. Die Kirche ist unbedingt einen Besuch wert. Sie ist nicht überlaufen und liegt etwas abseits. Wer allerdings einen Stempel für seinen Pilgerpass haben möchte, muss wieder zurück in Richtung der Innenstadt zur Touristeninformation. Wissembourg ist eine malerische Stadt mit vielen alten Fachwerkhäusern - auch sehenswert.
Die Stadt verlässt man über einen Feldweg in süd-westlicher Richtung. Der Weg ist mit einem dunkelgrünen Andreaskreuz mit kleiner Muschel markiert. Wir begehen auf diesem Stück meist Schotter- oder Feldwege, manchmal Straßenstücke. Vor Soultz-sous-Forets durchwandern wir nur eine Ortschaft - ansonsten über Felder, rechter Hand die Ausläufer der Vogesen in Sicht. (Wenn die Vogesen mal links auftauchen, stimmt etwas nicht...)
Soultz erreichen wir nach 4 Stunden überraschend schnell.
Die Herberge liegt hinter dem Rathaus (Marie) und bietet 2 Räume mit je 4 Betten. Diese werden primär an Pilger, aber auch an Wandergruppen vergeben. Die Mitarbeiterin im Rathaus sprach allerdings ausschließlich französisch - also vorher am besten mal ein paar Standards einüben ;-)
Es ist alles vorhanden, was das Pilgerherz begehrt: Kaffee, Milch, Tee, Butter, Marmelade ... Man erhält einen Gutschein für ein Baguette, welches man am nächsten Morgen in einer Bäckerei ein paar Häuser weiter abholen kann. Wir waren die einzigen Besucher an diesem Tag.
Die Nahrungssuche am Abend war dann doch sehr ernüchternd. An diesem Donnerstag waren die Restaurants, die noch nicht Konkurs angemeldet hatten, aus unbekannten Gründen geschlossen. Dafür hat der Ort zwei Optiker und drei größere Supermärkte. Dort haben wir uns dann mit regionalen Spezialitäten eingedeckt und unser Abendessen selbst gebastelt. Ich empfehle den Merlot, nicht regional, aber passt perfekt zu dem regionalen Käse und dem regionalen Baguette ...



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Marcel

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Soultz-sous-forets bis Kloster Marienthal (bei Haguenau)
17.05.2019, ca. 28 Km
Übernachtung: Kloster Marienthal, 34,-€

Nach einer sehr luxuriösen Nacht, allein in der Pilgerherberge und einem entspannten Frühstück starteten wir um 9:00 Uhr. Der Supermarkt "Match" hat eine große Auswahl frischer Lebensmittel - hier kann man sich nochmal eindecken mit dem Tagesbedarf.
In Surbourg befindet sich die romanische Abteikirche Saint Arbogast, tw. aus dem 5. Jh. Die Kirche ist eine Perle auf dem Weg. Als wir dort waren, befanden sich die Renovierungsarbeiten kurz vor dem Abschluss. Der Pfarrer betreut mehrere Gemeinden - ein bekanntes Problem in Frankreich - er ist deshalb nicht immer vor Ort. Wir hatten Glück er kam gerade an als wir aufbrechen wollten. Er freute sich über die Pilger und lud uns direkt ins Pfarrhaus ein.
Nach Surbourg geht es über eine alte Bahntrasse vorbei an einem Steinbruch durch den Wald nach Biblisheim. Über Felder führt der Weg nach Walbourg. Dort wäre die Abteikirche Sainte-Walburge auf jeden Fall auch einen Besuch wert. Wer einen Stempel sucht, der muss vorher in der Marie vorbei - in der Kirche gibt es einen Hinweis dazu.
Nun folgt ein langes Waldstück. Die gelb-weiß-gelbe Markierung wird durch das Andreaskreuz ergänzt. Im Wald verläuft der Weg auf Fahrradwegen. An einer Stelle im Wald weist die Markierung geradeaus auf einen schmaleren Pfad während links und rechts der Fahrradweg entlang führt. H.J. Bahmüller verweist in seinem Pilgerführer ebenfalls auf die Stelle.
Dazu eine Ergänzung: Der Weg bei vorangegangenem Regen oder Sturm absolut unpassierbar. Selbst als wir dort waren und es hatte mindestens 3 Tage zuvor nicht geregnet, war der Weg durch größere Wasserlachen, umgefallene Bäume und Bewuchs schwer zu begehen. Hinzu kommt, dass dort reger Wildwechsel herrscht, wie man an den Spuren erkennen konnte, Wildschweine, Rehe und kleinere Tiere. Kurz vor der Dämmerung sollte man diesen Weg jedenfalls meiden. Außerdem ist dieser Bereich ein Paradies für Stechmücken. Wer da empfindlich reagiert, dem rate ich auch den Fahrradweg.
Genug der Warnungen - verlässt man den Wald, steht man bald vor den Toren Haguenaus. Die Stadt ist sehenswert, aber man sollte sich dafür etwas Zeit nehmen. Kloster Marienthal liegt etwa 4 Km vom Stadtzentrum entfernt.
Die Übernachtung dort brachte uns einen Einblick in das Leben der BenediktinerInnen. Wir wurden dort sehr herzlich begrüßt, bekamen eine kurze Einführung in die Zeiten der Gottesdienste und einzuhaltenden Termine :eek:. Die Schwester, die uns betreut hat war sehr freundlich und sprach deutsch.
Am Abendgebet in der Basilika haben wir teilgenommen, worauf ein dazu geladener Priester einen Teil des Gebets in deutsch sprach. Abendessen und Frühstück, ein Doppelzimmer und beste Pilgerbetreuung kosten zwar etwas mehr als die normale Pilgerherberge, sind es aber wert. Wie auch bei anderen Klöstern bittet man hier um eine vorherige Reservierung. Oft kommen wohl auch Reisegruppen, Kommunionsgruppen etc. Das Kloster ist auch Wallfahrtsort.
Kloster-Marienthal.jpg
 
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Kloster Marienthal bis Brumath
18.05.2019, ca. 16 Km
Übernachtung: privat (AirBnB), 29,-€

Am nächsten Morgen gab es ein kleines Frühstück und eine sehr freundliche Verabschiedung.
Das Wegestück nach Brumath sind nur 16 Km. Nach dem Kloster führt der Weg zunächst in ein Waldstück. Verlässt man den Wald, geht es über Felder nach Weitbruch ein kleiner Ort mit zwei Kirchen, diversen Bäckern und einem Metzger. Bei den Kirchen standen wir erstmals vor verschlossenen Türen. Anschließend führt der Weg über Felder und man quert einige Straßen. In Brumath war die Unterkunft schnell erreicht und nach einer längeren Pause wollten wir den Ortskern erkunden. Nachdem wir die ersten 500 Meter hinter uns hatten, rollten zwei Gewitterfronten über den Ort. Trotz geliehener Schirme mussten wir uns für fast 1 h unterstellen.
Brumath ist ein größerer Ort. Wegen der Nähe zu Straßburg empfanden wir die gastronomische Infrastruktur allerdings eher als mangelhaft. Es gibt erstaunlich viele Pizza-Lieferdienste, die in ihrer Ausgabestelle Platz für zwei bis vier Personen haben. An diesem Abend war die Nacht der Museen angekündigt und das lokale Museeum hatte auf seiner Webseite mit der Teilnahme geworben. Das Museeum liegt unter der Erde, der Eingang neben der evangel. Kirche. Die soll auch sehenswert sein, war jedoch geschlossen. Das Museeum ist eher klein, aber man hatte zwei zusätzliche Räume geöffnet um ein römisches Buffet aufzubauen. Das was dort serviert wurde lässt sich schwer beschreiben -- es war unglaublich lecker, ungewöhnlich und vielfältig. Dazu gab es Mulsum (Gewürzwein) -- auch der war eine Geschmacksexplosion. Wie ich mich in diesen beiden Räumen, mit Fachleuten römischer Geschichte, einem römischen Buffet und Archäologie zum Anfassen gefühlt habe, lässt sich nicht beschreiben. Wir haben Stunden dort zugebracht ...
Viel später machten wir uns auf den Rückweg. Zum Glück lag die Unterkunft genau am Jakobsweg. Nachts hat es mehrfach geregnet, so dass unsere Wäsche über Nacht nicht getrocknet ist - schlecht, wie sich am nächsten Tag herausstellte.

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Marcel

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Brumath bis Straßburg
19.05.2019, ca. 16 Km
Übernachtung: privat (AirBnB), 29,-€

Der nächste Morgen startete mit Regen. Dieser Landregen hielt ohne Unterbrechung bis 13:00 an.
Die Strecke führt nach kurzem Weg entlang der Landstraße D30 an einen Kanal, dem man bis zum Europaparlament in Straßburg folgt. Auf der einen Seite des Kanals verläuft ein geteerter Weg - eigentlich für Fahrradfahrer, auf der anderen Seite ein Feldweg. Wegen der Witterung liefen wir primär auf dem geteerten Weg.
Die Strecke ist anspruchslos. eben und gerade.
In Straßburg selbst haben wir keine Beschilderung für Pilger gefunden und folgten dem Straßenverlauf zum Münster. Von dort ging es zunächst zum Bahnhof um unsere Rucksäcke einzuschließen, denn damit kommt man nicht ins Münster. Am Hauptbahnhof haben wir auch die Rückfahrt gebucht - dazu später mehr.
Das Straßburger Münster ist eine imposanter, sakraler Großbau. Allerdings wird er sehr stark von Touristen aller Nationen besucht. Auch wenn von Zeit zu Zeit eine Durchsage um ruhe bittet, schwillt der Geräuschpegel nach kurzer Zeit wieder an. Auf Pilger schien man dort nicht wirklich vorbereitet zu sein. Weder die Touristeninformation außerhalb der Kirche, noch die Zugangskontrolle wussten etwas mit dem Pilgerausweis anzufangen. Im Münster befindet sich auf der Südseite ein Automat, der für 3,- € ein Medaillon mit den Jakobswegen ziehen kann. Unseren Stempel für den Pilgerpass bekamen wir nach einigem Nachfragen.
Um 18:00 findet Sonntags eine Messe im Münster statt. Die wäre dann ein guter Abschluss für diesen Abschnitt des Jakobsweges. Wenn die Rückfahrt, so wie bei uns dann noch am Abend geplant ist, solltet ihr unbedingt eure Zugverbindung im Voraus buchen. Anders als die DB verkauft man in Frankreich keine Zugkarte mehr, wenn die Züge ausgebucht sind.

Soweit der Weg.
Ich schreibe die Tage noch ein kleines "Lessons learned" zu dem Abschnitt.
Der GPX-Track zu dem Stück ist in der DB von @ralph.

Bon route
Marcel
 

Marcel

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Lessons learned
Es war leider nur ein kurzer Weg dieses mal. Der nächste Abschnitt führt mindestens bis Thann, eventuell bis Gy und wird daher länger. Pilgerfeeling bleibt trotzdem nicht aus, der Weg bringt einen ganz schnell wieder auf Kurs.

Einige Ausrüstungsgegenstände müssen auch nach diesem Weg wieder auf den Prüfstand. Insgesamt war ich mit 8,2 Kg im Rucksack und 2,8 Kg am Mann (inkl. Proviant u. Wasser) unterwegs.
Der Schlafsack ist mittlerweile gegen ein leichteres Modell ausgetauscht: - 280 g
Der Poncho muss ersetzt werden - er hat es leider nicht geschafft und ist auch nicht mehr zu reparieren.
Und leider gibt es wohl ein Problem mit meinen Schuhen. Hier hat die Dämpfung nachgelassen, mal sehen was man da noch machen kann.

Im Gegensatz zu anderen Wegen war hier deutlich mehr Vorplanung und -reservierung erforderlich. Das ist eigentlich nicht unbedingt meins, da ich mir eher etwas Freiheit behalten möchte. Insgesamt hat der Weg aber mehr Neugier auf die nächsten Etappen geschaffen.
Die Sprache war ein kleineres Problem, als vermutet. Zwar weigern sich die Lokalpatrioten vehement Deutsch zu sprechen, aber mein Französisch war doch nicht so eingerostet wie befürchtet .

Auf Burgund freue ich mich jedenfalls sehr. Ein guter Zeitpunkt dafür wäre nächstes Jahr im Mai - mal sehen ob das so klappt.

Bon route
Marcel
 
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