achtsames pilgern

so ein michi

Peregrin@
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Psychiatriekrankenpfleger
Ich möchte mich als Neuling in diesem Forum kurz vorstellen:
Wie der Titel schon verrät habe ich mich in jahrelangem Pilgern immer wieder bemüht mir wirklich Zeit zu nehmen und nicht zielorientiert den Weg abzulaufen. Leider ist mir dies kaum gelungen da ich jedes Jahr seit 2007 nur ca. 3 Wochen im Schnitt laufen kann und dann wieder an meiner Arbeit als Krankenpfleger nachgehen darf. In der Zeit des Nichtpilgerns beschäftige ich mich viel mit diesem Thema Bsp. Wahrnehmen des Autopiloten/Getrieben sein oder bewusst agieren.
Auf dem Weg bin ich immer wieder gefordert allen schönen Impressionen zum Trotz im Hier und Jetzt zu sein. Auf der letzten Via de la plata habe ich einen Mitpilger kennengelernt der mindestens einmal pro Tag abseits des Weges in seiner inneren Achtsamkeit verharrt,ob Gebet oder einfach nur den Atem wahrnehmen weiss ich nicht. Auch er ist gleich lange Etappen gelaufen.
Wie erlebt ihr dies. Ich hoffe dieses Thema ist nicht allzu sehr durchgekaut worden.
 

SYates

Hospitaler@
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Schönes und wichtiges Thema, und sicher immer wieder erwähnenswert und gar nicht durchgekaut. Mir selbst fällt dieses auf weniger begangenen Pilgerwegen, oder in der absoluten Nebensaison auf dem CF leichter, da weniger Menschen um mich herum sind. In, hoffentlich offenen, Kirchen einkehren und still sitzen, jeden Tag um eine feste Zeit an- und innehalten und sich von Ängsten wie "ist die Herberge offen" oder "kriege ich noch ein Bett" nicht verrückt machen lassen ist mir wichtig und für mich hilfreich.
Und achtsam pilgern heißt halt auch für mich auf Mensch, Tier und Natur Rücksicht zu nehmen, besonders dann, wenn ich alleine bin und mich keiner "sieht", also kein Gruppendruck zum "gut benehmen" da ist ;-)

Buen Camino, SY
 

superfrauandrea

Peregrin@ Veteran@
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oja, das erinnert mich. Ich hatte immer wieder Zeit, sonst nicht beachtete Dinge genau wahrzunehmen. Egal, ob eine Blume gut roch, besonders aussah, ein langer Blick in die Gegend, einfach ein kurzer Moment des Bewusst-Wahrnehmens. Hat mir gut getan!
lg. Andrea
 

Volker_

Peregrin@
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Hm, wie fange ich an? Im Hier und Jetzt zu sein, das lehrt mich der Camino, v.a. dadurch, daß ich mich durch ein Land (Spanien) bewege, das ich mag und dessen Landschaft, Menschen, Kultur auf mich interessant wirken. Hinzu kommt das monotone Gehen, das den Geist beruhigt. Ich gehe, nehme alles um mich herum wahr und bin im Hier und Jetzt - viel mehr als ich es im Alltag je schaffe (außer eben auch auf langen Wanderungen).
Mit der Stille / Achtsamkeit / Kontemplation ist es etwas anders für mich. Ich hatte mich im Vorfeld meines Caminos (2015) sehr intensiv, aber theoretisch mit christlicher Kontemplation befaßt - und wollte das auf dem Weg umsetzen. Habe ich aber nicht... Und auf einem der letzten Audio-Memos, die ich am Ende des Caminos aufgesprochen habe, stellte ich lakonisch fest: Dann war es nicht wichtig für dich...
Heute denke ich aber, daß das zu kurz griff, daß es andere Gründe waren. Nämlich zum einen war diese Stille ja schon (in etwas abgewandelter Form) während des Gehens und Betrachtens der Landschaft in mir. Zum anderen war mir an den Abenden nicht nach Stille, sondern nach Gemeinschaft und Austausch.
Und dann habe ich statt Stilleübungen eben (durchaus wortreich und laut) gebetet. Und wenn mir nach Rückzug und Stille war, dann habe ich eine Kirche aufgesucht und mich da eine halbe Stunde still hingesetzt, aber auch nicht im kontemplativen Sinne, sondern nachdenkend und / oder betend.
Aus heutiger Sicht glaube ich aber, daß ich meine Aktivitäten nicht so direkt mit Achtsamkeit / Kontemplation vergleichen kann - ich habe etwas anderes gemacht, obwohl ich mir "eigentlich" genau das Andere vorgenommen hatte.
So blieb die Frage offen, ob mir Kontemplation wirklich etwas bedeutet? Das versuche ich nun Ende März bei einem zehntägigen Aufenthalt in einem Kloster mit "Schweigeexerzitien" inkl. Hinführung zum kontemplativen Gebet für mich zu klären. Entweder ich entdecke, daß mir da doch etwas gefehlt hat - oder ich weiß dann, daß meine Herangehensweise an Gott / Urgrund des Seins... eine andere ist.
Grundsätzlich findet man überall am Camino stille Plätze für solche Übungen.

Viele Grüße
Volker
 
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